Das muss ich doch gerade noch beantworten:

Die verstrickte Dienstagsfrage - Woche 20/2004

Wann hast du mit Stricken angefangen? Gab es bei dir eine "frühkindliche Prägung" durch strickende Vorbilder in der Familie? Oder hast du erst als Erwachsene an die Nadeln gefunden? Gab es einen bestimmten Grund?

Also, ich weiß, dass ich schon als Kleinkind meine Omi bewundert habe, die immer Strickzeug dabei hatte. Die hat in den dreißiger Jahren riesige Kunststrick-Decken gestrickt, und nebenher 4 Kinder großgezogen. Und das in Zeiten vor Wasch- und Spülmaschine, ohne Staubsauger etc. Als ich sie dann stricken sah, hat sie Kleidungsstücke gestrickt. Ich habe noch irgendwo einen Kinderrock, den sie gestrickt hat. Sowas habe ich als Kleinkind auch getragen. Den, den ich habe, hatte vor mir meine Schwester, und ich habe ihn dann geerbt.

Diese Omi hat mir dann bei einem Besuch auch als erste Nadeln in die Hand gedrückt und mir den Anschlag gezeigt. Mehr nicht. Ich habe das dann geübt, z. T. auch nur mit einem Bauklötzchen als Nadel. Das muss noch vor meiner Einschulung gewesen sein, ich schätze, ich war damals 6 Jahre. Dann ist die Entwicklung erstmal stehen geblieben. Auch meine Mutter muss viel gestrickt haben, als ich klein war, aber ich habe komischerweise keiner Erinnerung daran.

Andere Mädchen aus meiner Grundschul-Klasse häkelten Topflappen, und ich mühte mich mit Luftmaschenketten und anschließend mit festen Maschen, so groß wie Doppelstäbchen ab. Andere strickten Bären, ich mühte mich mit rechten Maschen an einem Probeläppchen. In dieser Zeit war Handarbeiten Frust pur. Das lag aber auch an den Bedingungen: Meine Eltern waren geschieden, ich lebte beim Vater, und meine Oma (nicht die, die mir das Stricken beibrachte) gab mir nur allerwinzigste Reste an Wolle, in grauslichen Farben. Und keine Unterstützung. Damit konnte man kaum was anfangen.

Als ich später dann bei meiner Mutter war, wurde das anders. Ich lernte Stricken und häkeln, meine Mutter schleppte Zeitungen mit Kursen und sowas an. Ich lernte linke und rechte Maschen. Im Gymnasium strickten etliche Mädchen. Wir strickten ellenlange Schals um die Wette. Ich stritt mich, welche Art Stricken schneller ist: katholisch (Faden um die Nadel legen) oder normal. Wir machten sogar einmal eine Probe, und beide waren gleich schnell. Später habe ich dann lange Zeit fast nur gehäkelt. Aber immer mal wieder gestrickt. In der Schule, später in Vorlesungen und Seminaren an der Uni.

Mitte der 80iger Jahre habe ich mir dann "meine Ferse" selbst erfunden und meine ersten Socken gestrickt. Kurz darauf lernte ich meinen Mann kennen (ich hatte damals immer ein Sockenstrickzeug in der Hand - er wusste also, worauf er sich einließ). Ich habe viel für meinen Mann gestrickt - Farbflächen, Streifen und vieles andere. Als die Kinder kamen, habe ich Windelhöschen, Söckchen, Handschuhe und Stilleinlagen gestrickt (nein, das mit den Windelhöschen habe ich nicht durchgezogen, nach ein paar Monaten habe ich aufgegeben). Ich habe mich sogar im Kunststricken versucht. Und dann machte eine Sehnenscheidenentzündung (3 Wochen Gips an der linken Hand, und das mit zwei Wickelkindern) alles zu nichte. Ich habe in der Zeit alles verschenkt, was ich an Wolle hatte, und auch fast alle Literatur. Aufgehoben habe ich nur wenige Grundbücher, damit ich auch was für meine Tochter habe, falls die mal anfängt. Aber ich dachte ja, ich könnte nie wieder stricken. Zum Glück geht es wieder. Seit Oktober stricke ich nach 9 Jahren Pause wieder. Und es macht mehr Spaß als vorher.

Also, irgendwie habe ich fast immer gehandarbeitet. Als ich älter wurde, und geschickter, und aus den Sachen etwas wurde, hat es dann auch Spaß gemacht, und es sind Sachen fertig geworden. Und warum stricke ich? Es macht Spaß, es entsteht (ab und zu) was Nützliches, und außerdem ist es eine produktive Art, die Hände zu beschäftigen, ohne dabei Kugelschreiber o. ä. zu missbrauchen.

Es fragte das Wollschaf

Dienstag, 11. Mai 2004, 11:38, von gertatter | |comment |Dienstagsfrage